Mimoyecques

 

Im April des Jahres 1943 beschließt Adolf Hitler unter dem Projektdecknamen Wiesel die Errichtung einer Offensivbunkeranlage nahe des Dorfes Mimoyecques in der französischen Region Pas de Calais.

Von hier aus sollte über fünf Abschussrampen die Vergeltungswaffe (V3) direkt auf London abgefeuert werden. Kleinere Prototypen dieser Waffengattung wurden bereits von der Firma Röchling/Saar in Misdroy/Baltikum und Hillersleben bei Magdeburg errichtet und getestet. Doch gab es in der Erprobungsphase immer wieder Rückschläge durch explodierende Abschussrohre. Da die V1 und V2 noch nicht verfügbar waren maß Hitler diesem Projekt höchste Priorität zu und verlangte ungeduldig den schnellen Ausbau der Anlage. Vertraut mit der Bauleitung war die Organisation Todt. Diese beschäftigte mehr als 5000 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene für das Projekt mit der internen Bezeichnung Bauvorhaben 61, war doch geplant ein komplettes Regiment mit ca. 1000 Mann und die Munition der Anlage unter den Kreidefelsen von Mimoyecques zu stationieren.

Bei der Entstehung wurde zuerst ein zweigleisiger Eisenbahntunnel in des Fels getrieben. Per Schiene wurden die nötige Baumaterialien und Bauwerkzeuge angeliefert und in den bereits entstandenen Seitenstollen gelagert. So konnten ungestört und bombensicher Züge entladen und weitere Stollen in den Fels getrieben werden. Die eigentlichen Abschussanlagen wurden direkt neben den unterirdischen Bahnhöfen in das Bergmassiv getrieben. 100m tiefe Schächte wurden errichtet, von deren unterster Sohle aus die Verschlussstücke der vorgesehenen Geschützrohre montiert werden sollten. Von fünf nebeneinander liegenden Geschützrohren sollte der Abschuss der V3 erfolgen. Diese Rampen führten im einem Winkel von 25° nach übertage und waren genau auf London gerichtet, welches in einer Schussdistanz von 160 Kilometern liegt. Die Kanonenschächte wurden mit fünf Meter dicke Stahlbetonplatten gesichert.

Trotz höchster Geheimhaltung des Bauvorhabens (der Abraum wurde zu Tarnzwecken sogar grün eingefärbt) werden englische Aufklärer auf das Bauvorhaben aufmerksam. Im November des Jahres 1943 begann die alliierten Bombardements der Baustelle. Bomber der 9. US Airforce Staffel beschädigten die Anlage so schwer, dass das Projekt verkleinert wurde. Am 6. Juli 1944 griffen englische Bomberverbände bewaffnet mit 5.5t schweren Tallboy-Bomben die Anlage an. Drei dieser Bomben durchschlagen die Batterieschächte und begraben Soldaten und Arbeiter. Viele der Opfer dieses Angriffs flüchten in tiefer gelegene Sohlen und ertranken dort im ausgetretenen Grundwasser. Die Toten wurden nie geborgen.

Baurat Huber, leitender Ingenieur des Planungsamtes, schrieb am 11. Juli 1944 an das oberste Heeresamt: „Der Bau von Mimoyecques kann als erledigt angesehen werden.“

Ende August geben die Deutschen das Projekt auf und ziehen ab. Am 11.September wird die Gegend von den Kanadiern befreit und die Anlage untersucht. Die V3- Abschussanlage wird am 9. und 14. Mai durch englische Pioniereinheiten letztendlich gesprengt.